2. Der Kampf beginnt

Ca. 2 Tage später bekam ich wiederum ein Schreiben. Endlich – dachte ich! Es kam zwar vom

Jobcenter. Dieses Mal wieder von einer Mitarbeiterin, deren Namen ich nicht kannte. Sie hatte aber

eine ganz beeindruckende Berufsbezeichnung. Sie nannte sich Fallmanagerin. Sie wolle mit mir über

meine berufliche Zukunft sprechen. Und da ich ja eine gewisse Mitwirkungspflicht habe, solle ich

diesen Termin in meinem eigen Interesse wahrnehmen, ansonsten kann mein Regelsatz um 30 %

gekürzt werden. Dieses Schreiben kennt wohl jeder Hartzer!

Welcher Regelsatz bitte? Ich wusste gar nicht, was das ist. Ich habe bis zu diesem Zeitpunkt noch

keinen Cent vom Jobcenter erhalten. Also rief ich diese Fallmanagerin erbost an und meinte, ob ich

denn dann mein Geld bekommen würde. Ich hätte es mir denken können, was diese Dame mir zur

Antwort gab: Selbstverständlich war sie dafür nicht zuständig und könne auch diesbezüglich nichts

für mich tun. Aber sie meinte doch ganz stolz, dass ich selbstverständlich das Fahrtgeld von 

zuhause bis zum Jobcenter und wieder zurück bezahlt bekomme. Also fuhr ich hin und hörte mir

das unqualifizierte Gerede an: Selbstverständlich sind sie bemüht, mir wieder Arbeit zu beschaffen.

Die Arbeitsvermittler tun alles, die Menschen wieder in Lohn und Brot zu bringen. Auch gibt es für

über 50-jährige gewisse Maßnahmen. Auch wurde mir eine Umschulung zur Altenpflegerin

angeboten.

Diese lehnt ich dankend ab. Ich fragte, ob ich denn einen Auffrischungskurs für Excel bekäme. Die

Antwort war selbstverständlich NEIN. Ich habe in den Jahren davor in divesen Call-Centern als

Call-Center-Agentin gearbeitet. Nun musste ich unterschreiben, dass ich mich bewerben MUSS (tat

ich ohnehin) und zwar 10 Bewerbungen im Monat und zwar im Umkreis von 100 km. Die 10

Bewerbungen machten mir keine Sorgen, aber der Umkreis von 100 km schon. Das sind am Tag

200 km – ich habe kein Auto, auch keinen Führerschein. Als ich ihr das sagte, zuckte sie nur mit

den Schultern (sie zuckte in Zukunft nur mit den Schultern und die Standardantwort war immer

NEIN) und meinte, das wäre Vorschrift. Ich sprach sie dann noch auf das Geld an, ob ich denn einen

Vorschuss bekommen könnte, denn ich müsste ja Lebensmittel kaufen. Dies wurde auch wieder

verneint. Sie meinte, dass einzige was sie tun könne wäre, mir einen Lebensmittelgutschein über 20

Euro ausstellen zu lassen, aber dafür muss sie erst bei ihrem Vorgesetzten nachfragen, ob mir das

auch genehmigt wird. Kurze Zeit später kam sie freudestrahlend zurück und gab mir diesen

Gutschein, den ich angeblich in JEDEM Lebensmittelmarkt einlösen könnte. Das dem nicht so ist,

weiß mittlerweile auch jeder Hartzer. Ich wusste es damals nicht. Ich fragte noch, wie oft ich denn

diesen Gutschein bekommen könnte, denn für 20 Euro bekommt man nicht gerade viel. Sie

antwortete, dass dies eine einmalige Sache sei und ich müsse halt schauen, dass ich in einem

günstigen Lebensmittelmarkt einkaufe, dann reicht das schon eine Weile und bis dahin habe ich ja

bestimmt auch mein Geld. Und wenn nicht, dann müsste ich mir das Geld eben bei

irgend jemandem leihen!! Ich fragte noch nach der Tafel. Die Antwort? NEIN! Zur Tafel könne

ich erst, wenn ich meinen Hartz IV-Bescheid habe. Das Thema Miete sprach ich auch noch an –

denn es war jetzt Januar und meiner Vermieterin schuldete ich noch die Dezember- und

Januarmiete. Sie war schon sehr ungehalten, dass diese beiden Mieten noch nicht eingegangen sind.

Sie verstand nicht, dass das Jobcenter noch kein Geld bezahlt hat.

Sie unterstellte mir sehr deutlich, dass ich wohl nicht zahlen wolle. Aber die Antwort der Jobcenter-

Mitarbeiterin war wieder: NEIN. Ich solle eben mit der Vermieterin reden, sie bekommt ja die

Miete! Als ich erwähnte, dass man mit der Vermieterin nicht reden kann, sondern das sie eben ihre

Miete haben möchte, sonst bekomme ich die Kündigung, bekam ich von der Mitarbeiterin nur ein

Schulterzucken. Ziemlich frustriert verließ ich ca. 1 Stunde später das Jobcenter.


Auf der Rückfahrt legte ich einen Zwischenstopp im günstigsten Lebensmittel-Geschäft am Ort ein.

Fragte dann leise – bevor ich einkaufen ging – an der Kasse, ob Sie denn Lebensmittel-Gutscheine

vom Jobcenter einlösen. Endlich bekam ich an diesem Tag ein JA. Also ging ich los und kaufte

ein. Alkohol und Zigaretten dürfen davon nicht gekauft werden – damit hatte ich auch kein

Problem. Am Handy suchte ich mir die Rechner-Funktion und tippte akribisch die Preise ein, damit

ich nicht über diese 20 Euro kam – aber auch nicht weit drunter. Denn es durfte an der Kasse kein

Bargeld zurückgegeben werden – Rückgeld höchstens bis zu 1 Euro.

Als ich meine Einkäufe hatte, ab zur Kasse. Da es mittlerweile schon später Nachmittag war, waren

auch schon viele Kunden an der Kasse. Ich drückte mich noch ein wenig durch die Regale und

wartete ab, bis die Schlange an der Kasse abnahm. Peinlich war es mir schon und ich wollte nicht,

dass es zu viele Leute mitbekommen, obwohl ich sie ja nicht kannte. Aber man hat eine gewisse

Hemmschwelle und es fällt schwer, diese zu überwinden.

1-bis 2 Tage nach diesem Besuch im Jobcenter bekam ich wieder ein Schreiben von meiner

 Sachbearbeiterin. Sie brauchte wieder Unterlagen, dieses Mal das Scheidungsurteil. Ich wurde im

 Februar 2002 geschieden. Sie müsse prüfen, dass ich auch keinen Unterhalt von meinem Ex-Mann 

 bekomme. Auch wollte sie wissen, ob ich Schulden habe und wenn ja, bei wem. Und wenn ich

 diese Unterlagen nicht schicke, dann bekomme ich auch kein Geld. Außerdem verlangte sie

 nochmal meine Kontoauszüge. Diese hatte ich ihr bereits geschickt. Angeblich sind sie nicht

 eingegangen. Das Unterlagen in diesem Jobcenter nicht eingehen, auf seltsame Art und Weise

 verschwinden, ist dort schon Gang und Gäbe.

 Ich schickte meine Kontoauszüge noch einmal. Das Scheidungsurteil hatte ich nicht mehr. Dies

 hatte ich schon beantragt – aber irgendwie dauerte das. Dies habe ich der Sachbearbeiterin schon

 des öfteren mitgeteilt, aber das schien sie nicht zu interessieren.

 Ich brachte also meine Kontoauszüge zur Gemeinde, damit sie wieder für mich kostenfrei an das

 Jobcenter geschickt werden können. Mit der netten Dame dort unterhielt ich mich und teilte ihr

 stichpunktartig meine Misere mit. Sie meinte dann, solange ich noch kein Geld habe, stehen mir ja

 Lebensmittelgutscheine zur Verfügung und zwar wöchentlich. Also wurde wiederum ein

 Lebensmittelgutschein beantragt – gleich über dieses Gemeindebüro in Höhe von 40 Euro. Danach

 bin ich jede Woche donnerstags oder freitags hin und habe mir so einen Gutschein geholt – ich

 denke mal, so 4 bis 5 mal habe ich diese beantragt.

 Diese Gutscheine löste ich immer im gleichen Lebensmittelmarkt ein. Mittlerweile hatte ich meine

 Hemmschwelle überwunden. Ich dachte mir und denke mir auch heute noch: Es kann JEDEN

 treffen!

War ich naiv. Ein Freund  meinte zu mir, dass das wohl alles nicht sein kann und ob es denn keine

Stelle geben würde, wo ich mich beschweren könnte. Da fing ich an zu recherchieren. Im Internet.

Mittlerweile habe ich den Namen der Vorgesetzten herausgefunden und schrieb ihr eine Mail.

Daraufhin wurde ich am 18.01.2013 angerufen und mir wurde gesagt, dass mein Antrag sehr

„wohlwollend“ überprüft wurde – aber diese Dame ritt auch auf dem Scheidungsantrag herum.

Davon hing wohl mein ganzes bzw. das ganze Glück des Jobcenters ab.

Auch gekündigt wurde mir von der Vermieterin. Zum 15. Februar 2013. Sie wollte, dass ich sofort

ausziehe. Ich machte ihr deutlich, dass sie mich nicht von heute auch morgen auf die Straße setzen

könne. Sie ging darauf ein und kündigte mir dann zum 15. März 2013. Trotz „wohlwollender“

Prüfung floss kein Geld. Mir platzte jetzt endgültig der Kragen. Ich nahm jetzt kein Blatt mehr vor

dem Mund und schrieb wiederum eine Beschwerdemail - auch deswegen, weil ich   

Vorstellungsgespräche in Frankfurt/Main hatte und eine Tageskarte dorthin 21,50 kostete. Geld,

dass ich nicht hatte. Von der Fallmanagerin wurde die Fahrtkostenübernahme abgelehnt, da ich ja

noch keinen Hartz IV-Bescheid habe. Da könne man mir die Fahrtkosten nicht geben. Und wieder

der Satz, ich solle mir das Geld doch leihen.

 

 
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